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Theodor Fontane – sein Blick auf die Gesellschaft und die Technik

Im Arbeitskreis Zwickau-Chemnitz gab es auf der letzten Sitzung des Jahres 2019 einen besonderen Vortrag. Prof. Horst-Dieter Tietz, Leiter des Arbeitskreises, hatte sich anlässlich des 200. Geburtstags des Dichters Theodor Fontane intensiv mit dessen Blick auf die Gesellschaft und die Technik seiner Zeit beschäftigt.

Theodor Fontanes Leben und Schaffen fiel in eine Zeit, in der die Dampfmaschine in der Eisenbahn, in der Schifffahrt, im Bergbau und in den Fertigungsbetrieben Einzug hielt, heute Industrie 1.0 genannt. Diese Zeit der „großen Beschleunigung“ prägte eine rasche Entwicklung in vielen Lebensbereichen. Erfinder und Entdecker wie James Watt und Werner von Siemens erregten mehr Aufmerksamkeit als Kriegshelden und Adelsgeschichten.

In dem Gedicht „Junker Dampf“ beschrieb Fontane die gigantischen Kräfte, die in einer Vereinigung der so gegensätzlichen Elemente Wasser und Feuer entstehen.

„Ja, frei an Füß’ und Händen, ist er ein lockrer Fant,
Doch hinter Kerkerwänden da wird er ein Gigant:
In tausend Trümmerreste zerschlägt er jede Haft,
Mit ihrer Dicht und Feste wächst seine Riesenkraft.”

Hunderte von Dampfkesselexplosionen in Deutschland, oft mit Todesfolgen, führten zur Gründung von Dampfkesselüberwachungsvereinen (DÜV), deren Kompetenzen auf Bemessungsvorschriften, Ausbildung und schließlich auch auf andere Erzeugnisse erweitert wurden. Aus den DÜV gingen die Technischen Überwachungsvereine (TÜV) hervor.

Einen markanten Schadensfall beschreibt Fontane in beeindruckender Weise in der Ballade „Die Brück‘ am Tay“ mit Bezug auf Shakespeares Drama “Macbeth”. Die eingleisige, 3,2 km lange Eisenbahnbrüc­ke mit sechsjähriger Bauzeit war ein Welterfolg. Der für die Schiffspassagen besonders gestaltete Mittelteil von einem Kilometer Länge stürzte am 28. Dezember 1879 mit dem gerade dort passierenden Schnellzug ins Wasser. Die Untersuchungen dieses Schadens sind eine zeitkritische Analyse von Konstruktion, Fertigung und Überwachung des Bauwerks.

Eine weitere literarische Verarbeitung eines Schadensfalls – ein Feuerausbruch während der Überfahrt eines Dampfschiffs über den Eriesee als Ballade „John Maynard“ – weist die Stellung von Technik-Heldenverehrung in dieser Zeit aus.

Fontane beschreibt in den „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ sowie in dem gesellschaftskritischen Roman „Der Stechlin“ die Produktion von Ziegeln und Glasbehältern mit ihren Folgen für Mensch und Natur. Im Disput über die eingeführte Telegraphie diskutiert das Traditionelle mit dem Modernen und findet einen Konsens durch die zum Stechlin-See überlieferte Sage.

Schließlich wird eine Hauptfigur im Roman „Frau Jenny Treibel“ als stolze Absolventin der Lette-Schule vorgestellt, eine Schule mit gutem Ruf für Bildung und Ausbildung, in der kurze Zeit später junge Frauen auch zu Fotografinnen, Metallografinnen und Röntgenassistentinnen ausgebildet wurden.

Der 200. Geburtstag Theodor Fontanes, einer der wichtigsten Vertreter des literarischen Realismus, gab Anregung, seinen Lebenslauf und sein Schaffen aus der Sicht der Technik bis hin zur Prüftechnik zu verfolgen.

Autor: Prof. Dr. Horst-Dieter Tietz

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